SOMMERFERIEN
Jetzt sind sie da – die Sommerferien! to the English version
Die anstrengende Spielzeit ist endlich vorbei und man kann sich erholen. Ich schreibe diesen Beitrag nicht für die Freischaffenden, die nach Spielzeitende gleich zum nächsten Festival fahren müssen/dürfen/wollen, sondern eher für die ohne Festspiele oder die Festangestellten, die tatsächlich Ferien haben wie ganz normale Menschen.
Mit der Erholung beginnen schon die bösen Frage im Hinterkopf:
„Wie komme ich danach wieder in Form?“
„Was, wenn die Stimme danach komplett weg ist?“
„Wie steige ich wieder ein?“
Erst einmal: Halte zwei bis drei Wochen lang einfach den (singenden) Mund und stoppe das Karussell in deinem Hirn – das ist das Beste, das deiner Stimme und deinem Kopf passieren kann! Man denke an die Anekdote des Interviews mit der rauchenden Diva: Der Reporter „But isn’t smoking dangerous for the voice?“ – „My dear, singing is much more dangerous for the voice”. Leider weiß ich nicht mehr, wer die Dame war, aber meine Güte, Recht hat sie gehabt!
Eine gute Pause ist wichtig und richtig!
Nach den Ferien:
Steige langsam und mit viel Ruhe wieder ein:
Erst einsingen, dann leichtere/kürzere Stücke, vielleicht ein Lied
Am ersten Tag nur eine halbe Stunde singen und nicht gleich den schweren Wagner/Verdi/Strauss von vor den Ferien, auch wenn die Versuchung groß ist, denn nach der Pause läuft die Höhe besonders leicht:)
Am zweiten Tag 45 min, am dritten eine Stunde, dann anderthalb und allmählich kommen Körper und Stimme wieder in die Gänge. Jetzt kannst du von der Zeit profitieren, in der du nicht zur nächsten Probe rennen musst.
Du hast Zeit etwas Technisches zu üben,
zum Beispiel:
Triller (Ganzton- und Halbton-Triller: mit Wechseltönen anfangen, also Achtel, Triolen, Sechzehntel und dann trillern. Ein Triller läuft über die Fixierung des Kehlkopfs und einen sehr „festen“ Atemkontakt. Wenn es klappt, ist es ein etwas „ausgeflipptes“ Gefühl. Man muss es einfach probieren, bis es klappt, so wie als (nicht bayerisches) Kind das Zungen-R, irgendwann klappt’s schon:)
Messa di voce (crescendo und decrescendo – merke: forte benötigt am wenigsten Stütze, pianissimo am meisten)
Chromatische Tonleitern (hast du mehr als 12 Töne in einer Oktave, stimmt was nicht ;)– einfach weiter üben, in 3er, 4er oder 6er Gruppen aufteilen und am Klavier kontrollieren: es sind entweder 3 übermäßige Terzen oder 4 kleine Terzen oder 6 Ganztöne).
Portamento Singe eine Note in einem gesunden Mezzoforte, beginne ein diminuendo und ganz am Ende des Diminuendos, „trage“ deine Stimme auf einen Ton eine Quinte tiefer.
Du hast Zeit neues Repertoire zu suchen und auszuprobieren
Das Gute an der Vorstellungs- und Proben-freien Zeit: Wenn du dich versingst, kannst du Pause machen und musst nicht gleich wieder in die nächste Probe. Um neues Repertoire zu finden, kannst du selber suchen oder aber bei Sänger:innen, die dein Fach gesungen haben, nachschauen, was auf deren Repertoireliste stand, als sie in deinem Alter waren – Websites, Rückseiten von CDs etc.
Manche Wettbewerbe geben gute Repertoirelisten, auf denen du dir Ideen holen kannst (Belvedere, Neue Stimmen…).
Und auch der gute alte (und immer wieder neu bearbeitete) Kloiber bietet im Anhang eine große Aufzählung an Partien – mit den Fachbezeichnungen muss man es nicht 100%ig genau nehmen dort, aber das tun die Opernverträge ja auch nicht mehr:)
Mittlerweile gibt es dieses Goldstück auch als pdf, zumindest bei Weltbild – gute Ferienlektüre!
Und jetzt: schöne Ferien!
- Tu Dinge, die du noch nicht getan hast
- Iss Sachen, die du noch nicht kennst
- Sprich eine fremde Sprache – eine Fremdsprache zu sprechen ist auch hilfreich, wenn du die Sprache nur ganz schlecht sprichst – irgendwas lernt man immer
Oder mach ganz einfach NICHTS, solange du das gut aushältst.
Für was auch immer du dich entscheidest – viel Spaß dabei!
Bis bald,
hedwig