27. August 2019

Die Aufnahmeprüfung für das Hauptfach Gesang

Wenn du deine möglichen Hochschulen ausgesucht und eine Liste deiner Wunschlehrer*innen erstellt und ihnen vielleicht auch vorgesungen hast, geht es ans Eingemachte – die Aufnahmeprüfung.

Die schlechte Nachricht zuerst: es ist keine besonders angenehme Situation.
Die gute Nachricht: alle müssen da durch!
Die beste Nachricht: die Kommission freut sich über gute Kandidat*innen.

Wie klappt es am Besten?

Am besten klappt es, wie meistens im Leben, mit guter, konzentrierter Vorbereitung!

Was will die Kommision hören?

Ich habe dazu einen kleinen Film gemacht:

Sieben Tipps für eine gute Vorbereitung

1. Repertoire

Suche mit deiner jetzigen Lehrerin Stücke heraus, die du wirklich bewältigen kannst! Du machst die Aufnahmeprüfung für das erste Semester, da erwartet niemand schweres Repertoire. In den Bedingungen zur Aufnahmeprüfung auf den homepages der Hochschulen findest du die Anforderungen zum Repertoire (Wie viele Arien, wie viele Lieder, Gesamtzeit etc.) Singe lieber eine gute Barbarina als eine mittelmäßige Susanna oder Zerlina, lieber einen guten Masetto als einen schlechten Figaro, lieber ein kurzes Händel-Rezitativ als ein langes von Mozart. „Arie Antiche“ sind ein Schatz an Inspiration von gut zu bewältigenden kleinen Arien. Und auch bei Händel gibt es viel zu entdecken: Theodora und Alcina zum Beispiel haben wunderbare Arien.

Für die schwierige Frage der Mozartarie für tiefere Frauenstimme: „Betulia liberata“ hat als Hauptpartie einen Mezzosopran.

Schau bei Schubert, Schumann, Brahms auch mal in Band 2, 3, 4… Fast alle gängigen Noten kannst du hier anschauen.

2. Text und Aussprache

Lies deine fremdsprachigen Texte möglichst jemandem vor, der die Sprache als Muttersprache spricht. Kennst du niemanden, dann versuche mithilfe einer App die richtige Aussprache zu finden. Es gibt mehrere Apps mit Sprachhilfen. Ich selber arbeite gerne mit SayHi; dort kannst du die Sprachgeschwindigkeit einstellen.

3. Lernen

Wie du auf den websites der Hochschulen gelesen hast, ist das Auswendigsingen von Opernarien und Liedern obligatorisch, in den meisten Hochschulen darfst du für den Bereich Oratorium die Noten nehmen.  Ich empfehle dir dringend, frühzeitig mit dem Auswendiglernen anzufangen, damit die Stücke auch bei Nervosität richtig „sitzen“ (remember: das war in der Schule auch so;).

4. Musikalisch-inhaltliche Vorbereitung

Achte bei deiner Vorbereitung auf:

  • Genauigkeit im Rhythmus
  • Beachtung von dynamischen Vorgaben des Komponisten sowie den Vortragszeichen (ritardando, accelerando etc)
  • Genaue Intonation
  • Beschäftige dich mit dem Inhalt der Arien. Dazu gehört z.B. zu wissen, an welcher Stelle die Arie in der Oper steht, wer mit dir auf der Bühne ist und wie deine Beziehung zu diesen Personen aussieht.
  • Bei den Liedern: Beschäftige dich intensiv mit Text und Kontext (Komponist, Dichter….)

5. Die Noten für die Begleitung

Die Noten für die Begleitung sollten geklebt und gut lesbar sein.  Vollgekritzelte Noten sind für die Begleiterin schwierig zu lesen und auch für sie sind Aufnahmeprüfungen stressig. Der Zustand deiner Noten spiegelt deine Wertschätzung für die Begleiterin wider. Das gilt übrigens für das ganze Sängerleben!

6. Singe Freunden vor

Beginne drei Wochen vor der ersten Aufnahmeprüfung damit dein Repertoire vorzusingen. Keine Scheu! Je öfter du das machst, desto sicherer wirst du. Geh deinen Freunden, deiner Familie solange auf die Nerven, bis sie sich hinsetzen und dir zuhören. Meistens finden die das spannend! Danach frag sie, was sie angesprochen hat und was sie nicht so überzeugend fanden. Du wirst sehen – die Meinungen werden sich ziemlich gleichen, egal ob deine Zuhörer Musiker sind oder nicht.

7. Was ziehst du zur Prüfung an?

Die Kleidung soll dich zur Wirkung bringen und nicht im Vordergrund stehen. Du solltest dich drin wohlfühlen und alles sollte möglichst einen gepflegten Eindruck machen, auch die Absätze der Schuhe (!).

Frauen: „Laute“ Muster, sehr tiefe Dekolletés und/oder sehr kurze Röcke könnten zu sehr von dir und deiner Stimme ablenken. Wähle lieber ein schlichteres Kleid oder eine gute Hose mit Oberteil. Du kannst du auch saubere Jeans mit Bluse und Blazer tragen, Hauptsache, du fühlst dich wohl. Wenn du dich in Absätzen gut fühlst, ziehe welche an, am besten nicht höher als 7 cm. (Höhere Absätze erschweren die Atemkontrolle)

Männer: Es muss keine Krawatte sein, aber ein Hemd ist immer gut. Und im Blazer sieht man angezogener aus als ohne.

Frauen und Männer: Die Haare sollten aus dem Gesicht gekämmt sein, damit man deine Augen sieht. Sie sind der Spiegel der Seele!

Am Tag der Aufnahmeprügung

Vor der Prüfung

Sei pünktlich!

Plane so, dass du eine halbe Stunde vorher an Ort und Stelle bist. Dann orientiere dich in Ruhe, wo du alle Infos finden kannst. Oft übernehmen Studierende am Prüfungstag das Weiterleiten von wichtigen Informationen – sie wissen genau, wie du dich fühlst. Frag nach, wenn du vor Nervosität etwas nicht verstanden hast.

Sicher musst du dich im Sekretariat als anwesend einschreiben, die Prüfung findet unter Umständen wieder ganz woanders statt und die Einsingeräume befinden sich vielleicht 2 Stockwerke höher. Suche dir Mitbewerber und geht zusammen! Scheue dich nicht Fragen zu stellen.

Stelle sicher, dass du nicht hungrig/durstig zur Prüfung erscheinst!

Während der Prüfung

Wenn dein Name aufgerufen wird, brauchst du dich nicht mehr mit Namen vorzustellen, dann sag am besten freundlich „Guten Tag“, geh zum Klavier und kläre kurz das Tempo mit der Begleitung – falls du nicht vorher proben konntest.

Falls es nur heißt „der Nächste bitte“, stell dich kurz vor „Guten Tag, ich bin xy“

Meistens fragt die Kommission, womit Du anfangen möchtest. „Ich weiß nicht“ oder „Ist mir egal“ zu antworten ist jetzt wenig hilfreich. Du hast sicher ein Lieblingsstück, dann sage es an: „Ich würde gerne mit der Arie der/des  xy beginnen“ oder „Ich würde gerne mit dem Lied xy anfangen“.

Dann konzentriere dich einen kleinen Moment und los geht’s!

Wenn du fertig bist mit den (meistens) 2 Stücken, bedanke dich und geh wieder. Wenn die Stimmung gut ist, kannst du der Kommission einen schönen Tag wünschen, das musst du abschätzen…

Feedback

Wenn du in die zweite Runde kommst, wird dir das mitgeteilt. Wenn du nicht weitergekommen bist: Versuch ein feedback zu bekommen. Manche Kollegen machen das, andere nicht; erzwingen kann man es nicht, aber versuchen solltest du es. Es kann dir für die weiteren Aufnahmeprüfungen helfen.

Toi toi toi für die Prüfung – es ist nur eine von vielen im Leben und auf jeden Fall eine weitere Erfahrung. Wenn die erste nicht klappt – eine wird schon funktionieren!

Alles Gute für dich,

Hedwig

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hedwig fassbender
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